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| Datum | Ort | Kapitel | Personen | Stichworte | Artikel |
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06.02.1987
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Schweiz
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Flüchtlinge Personen Solothurner AZ
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Silvia Lehmann
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Flüchtlinge Rassismus Volltext
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Alle Menschen sind Ausländer. Und: alle Menschen sind Ausländerinnen. Fast überall. Das Gefühl, ein bisschen fremd zu sein, bereits im Ausland zu sein, fängt bei mir schon nach ein paar Zugstunden Richtung Westen an. Wenn die Leute ringsum französisch sprechen, alles französisch angeschrieben ist, werde ich unsicher; wenn mich jemand anspricht, habe ich Angst, mich lächerlich zu machen und etwas Falsches zu sagen. Und all das, obwohl ich immer noch im gleichen Land bin, mir vom Aussehen her niemand etwas anmerkt. Dann stelle ich mir manchmal vor, wie es mir erst gehen würde, wenn ich als Flüchtlingsfrau beispielsweise nach Sri Lanka gekommen wäre, von weitem schon als Fremde zu erkennen wäre, die Sprache nicht verstände, die Schrift nicht lesen könnte, die Gewohnheiten und Umgangsformen mir fremd und das Klima und das Essen ein Greuel wären, wenn ich das Gefühl bekäme, hier unerwünscht zu sein. Und so geht es ja auch den Flüchtlingen hier in der Schweiz. In Aarau, wo sie in einem alten Schulhaus untergebracht sind, waren die Mauern seit Monaten vollgeschmiert. Tagtäglich mussten sie an Sprüchen vorbei wie „Tod den Tamilen“ und „Rotfront verrecke“. (Solche Sprüche habe ich doch schon mal irgendwo gelesen, irgendwo in brauner Vorzeit…). Sonst ist es zwar üblich, unbefugt angebrachte Sprüche schnellstens zu entfernen, aber dies hatte die Stadt Aarau stehengelassen… Heute kann niemand behaupten, er habe nichts gewusst, wie es viele damals während der „Boot-ist-voll-Epoche“ behaupteten. Heute haben wir alle Informationen. (…). Silvia Lehmann.
SoAZ, 6.2.1987.
Personen > Lehmann Silvia. Fluechtlinge. Rassismus. SoAZ, 1987-02-06.
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